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Dirk Werhahn: "Kein Wandel ohne Bildung kein Wandel."

Seit gut sechs Jahren leitet Dirk Werhahn die Bildungsarbeit der evangelischen Kirchen im Kreis Ludwigsburg. Nun wechselt er die Stelle Richtung Oberkirchenrat.

Stephan Seiler-Thies, Pressepfarrer im Kirchenbezirk Ludwigsburg, blickt mit dem Geschäftsführer des Evangelischen Kreisbildungswerks Ludwigsburg auf die besonderen Entwicklungen der Bildungsarbeit.

Herr Werhahn, seit Februar 2018 leiten Sie das Evangelische Kreisbildungswerk Ludwigsburg. Was gehört alles zu Ihrem Arbeitsbereich?  

Dirk Werhahn: Es umfasst die Bildungsarbeit der vier evangelischen Kirchenbezirke im Landkreis Ludwigsburg mit mehr als 80 Bildungswerken vor Ort in den Gemeinden. Wir als Geschäftsstelle und ich als Geschäftsführer unterstützen diese Bildungsarbeit vor Ort und entwickeln neue innovative Formate. Darüber hinaus habe ich auch selbst Bildungsveranstaltungen angeboten, im Bereich Organisationsentwicklung und Ehrenamtsförderung. Und in der Familienbildung stoßen wir Formate an, in denen Bildung mit Begegnung verbunden ist. Das gestaltet sich dann ganz offen, z.B. in Angeboten, die von 9-12 Uhr offen sind, aber man muss nicht schon um 9 Uhr da sein und auch nicht bis 12 Uhr bleiben. Da merken wir, das erzeugt Resonanz, so etwas interessiert die Menschen. 

Wie steht es gerade um die evangelische Bildungsarbeit im Kreis Ludwigsburg?

Dirk Werhahn: Es läuft so erfolgreich, dass wir gerade so viele Unterrichtseinheiten hatten wie noch nie. Der Rückgang während Corona ist überwunden. Im vergangenen Jahr waren es rund 26.000 Unterrichtseinheiten, und da kommen noch mehrere Tausend Unterrichtseinheiten der evangelischen Familienbildungsstandorte im Kreis dazu. Und somit sind wir einer der großen Bildungsplayer im Landkreis Ludwigsburg neben der Volkshochschule. 

Was macht den Unterschied der evangelischen Bildungsarbeit zu den Volkshochschulen aus, wo liegen Ihre Schwerpunkte?

Dirk Werhahn: Wir sind professionelle Bildungsanbieter wie die Volkshochschulen auch, weil auch bei uns aus allen Stoffgebieten Kurse angeboten werden. Im Unterschied zu den Volkshochschulen, bei denen stark z.B. Sprachkurse und Sport angeboten werden, sind bei uns das Thema Theologie, Philosophie und Religion überdurchschnittlich vertreten. Unser zweiter Schwerpunkt ist das Thema Erziehung und Familien. Und auch da kommt bei uns das Resonanzthema Religion vor. Auch wenn es um andere Themen geht, sind unsere Referent*innen auf  theologische Fragen ansprechbar und wir antworten dann sozusagen im Lichte unseres christlichen Menschenbilds.

Im Rückblick auf die sechs Jahre, welche Entwicklungen beobachten Sie in der Bildungsarbeit?

Dirk Werhahn: Als ich hier angefangen habe, war die Frage: Wollen wir die Bildungsarbeit digitalisieren? Und dann kam Corona, und dann war nicht mehr die Frage, ob, sondern die ganz praktische Frage, wie kriegen wir es hin. So wurde Corona zum Beschleuniger, Prozesse zu optimieren. Und bis heute gibt es Großformate in Präsenz und online, die beide gut funktionieren. Wo es um viel Information geht, ist online super. Wenn es aber darum geht, miteinander zu diskutieren, ist Präsenz gut. Und im Bewusstsein der Menschen, auch innerhalb der Kirche entsteht langsam ein Bewusstsein, dass Bildungsarbeit eine zentrale Aufgabe von Kirche ist. Kirche des Protestantismus muss eine Kirche der Bildung sein. 

Wie schätzen Sie ein, wie groß das Interesse der Menschen an Bildungsarbeit ist?

Dirk Werhahn: Es ist weiterhin groß, aber es verändert sich und verkürzt sich. Als ich vor 20 Jahren Erwachsenbildung gemacht habe, hat man diskutiert von Wochenkursen auf 3-Tageskurse zu gehen und heute diskutiert man das Thema Bildungshäppchen in einer Länge von 45 Minuten. Das läuft super vor Ort, z.B. in Markt8 in Ludwigsburg und auch online. 

Und welche Themen interessieren die Menschen?

Dirk Werhahn: Es wird immer wieder gesagt, dass das Interesse an religiösen Themen sinkt. Ich beobachte bei uns hingegen, dass Fragen zur Theologie gestiegen sind. Das hat wohl auch damit zu tun, dass in unseren Veranstaltungen die Teilnehmenden nicht nur zuhören, sondern auch mal sagen können „lieber Dozent, das sehe ich aber anders“. Und das geschieht auch nicht nur in explizit theologischen Veranstaltungen. Da sitzen die Eltern beispielsweise im Indoorspielplatz für ihre Kinder und dann fragt irgendwer: Wie ist das eigentlich mit der Taufe? Da können wir dort ansetzen, welche Fragen die Menschen bewegen. 

Was war ein Highlight in Ihrer Zeit im Kreisbildungswerk in Ludwigsburg?

Dirk Werhahn: Da gab es verschiedene. Einmal während Corona haben wir draußen Wandelbildung gemacht, mit Stationen und Aufgaben und Gesprächen. Das war super. Großartig war auch die ökumenische Zukunftswerkstatt, vor allem die letzte Veranstaltung. In der letzten Zeit sind alle so ein bisschen müde von den vielen Veränderungsprozessen, aber da war der volle Aufbruch. Ich hatte danach zig Mails, wann kriege ich die Folien von der Referentin, ich möchte es bei uns weitererzählen. Und ein drittes schönes Erlebnis war am 6. Dezember, als ich gefragt wurde, ob ich für den Nikolaus für den Indoorspielplatz spielen würde. Das war Bildungsarbeit in spezieller Art, und das keineswegs nur mit kirchennahen Familien. 

Und wo sehen Sie Herausforderungen für die Zukunft der Bildungsarbeit?

Dirk Werhahn: Da ist mein Credo, seit ich jetzt 6 Jahre auf der Stelle bin, dass Bildungsarbeit unterfinanziert ist. Jetzt wo uns das Thema sinkende Kirchensteuern beschäftigt, da nach mehr Personal zu fragen, ist eine sportliche Sache. Aber wir erzielen in der Bildungsarbeit Wirkung über unser klassisches Milieu hinaus, und insofern müssten wir asymmetrisch sparen. Eine weitere Herausforderung ist das Ehrenamt, zu uns gehört ja auch die Ehrenamtsakademie. Da müssen wir noch mehr Räume öffnen, damit Engagement entstehen kann, und zwar in einer höheren Diversität, also auch mit Menschen, die eher kirchendistanziert sind. 

Sie haben hier in Ludwigsburg viel angestoßen und aufgebaut. Was war der Grund für Sie, nun die Stelle zu wechseln und zum Oberkirchenrat zu gehen?

Dirk Werhahn: Es war für mich eine 51-zu-49-Entscheidung. Ich habe hier echt eine Traumstelle. Zugleich möchte ich das, was ich hier gelernt habe, auf Kirchenleitungsebene einbringen, weil tief im Herzen glaube ich, dass wir eine Organisation sind, die Menschen total helfen kann, aber wir müssen unser Angebot so alltagstauglich machen, dass es die Menschen wirklich erreicht. Und da habe ich gemerkt, da kann ich noch andere Impulse setzen beim Oberkirchenrat als Referatsleiter, zuständig für den Bereich Werke und Dienste, da gehört Jugendwerk und die ganze Bildungsarbeit, wie Familien, Senioren und Erwachsenenbildung dazu. 

Gibt es noch einen Wunsch, den Sie gerne in Ludwigsburg zurücklassen. 

Dirk Werhahn: Ich wünsche mir, dass die Leitungsverantwortlichen die Bildungsarbeit weiter fördern, und auch in schwierigen Zeiten ausreichend Personalstellen bereitstellen. Denn es braucht Personal, um die Vernetzung in der Bildungsarbeit, z.B. in Richtung Volkshochschulen aber auch Sport- und Musikvereinen oder zu Studierenden weiter auszubauen und die Begegnungen nach außen zu intensivieren. Und da können wir auch wirklich auf den Heiligen Geist vertrauen. Wir öffnen Gemeindehäuser, Menschen werden aktiv und der Heilige Geist wird schon wissen, was er damit macht. Und dann kann passieren, was mein Slogan ist: No change without education – kein Wandel ohne Bildung.

Das Gespräch führte Pfarrer Stephan Seiler-Thies, Bezirkspressepfarrer im Kirchenbezirk Ludwigsburg

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